Perspicere, 2007

Perspicere
photographs, pinhole camera
23 x 35 x 35 cm
2007

 

Perspicere (deutlich sehen / durch-blicken) besteht aus einer Lochkamera mit fünf Öffnungen und darin aufgenommenen Fotografien, die in der Kamera präsentiert werden. Die Fotografien sind an einer Wegkreuzung in Kensington Gardens entstanden, einer viktorianischen Parkanlage in London mit streng geometrisch angeordneten Alleen. Durch die Lochblende wird das Motiv der Allee auf die beiden gegenüberliegenden Seiten projiziert, so dass jeweils fünf Doppelbelichtungen entstehen. Mit Perspicere nehme ich Bezug auf Jonathan Crarys Auseinandersetzung mit der Entwicklungsgeschichte der Fotografie, dargelegt in seinem Buch ‚Techniken des Betrachters.’ Crary stellt die allgemeine Annahme, dass Fotografie aus einer direkten technologischen Weiterentwicklung der Camera Obscura resultiert, in Frage. Die Camera obscura symbolisierte über zwei Jahrhunderte das Erkenntnismodell eines Betrachters, der von der Welt getrennt ist und von diesem separierten Standpunkt aus die Welt begreift und neu definiert. Die Camera Obscura wurde zum Sinnbild, wie sich aus der Betrachtung wahrheitsgemäße Schlußfolgerungen über die äußere Welt ziehen lassen.

Anstelle der Lochkamera hält Crary andere optische Apparaturen – Apparaturen, die optische Effekte hervorrufen und eine Scheinwelt produzieren - für das entscheidende Vorläufermodell der Camera Obscura. In Perspicere wird durch Vervielfältigung, räumliche Anordnung und Doppelbelichtung Perspektive in die Irre geführt. Mit meiner Arbeit möchte ich auf die unhinterfragte Akzeptanz der noch immer vorherrschenden zentralperspektivischen Darstellungsmethode aufmerksam machen. Fotografie wird nach wie vor verstanden als wahrheitsgetreue Abbildung von Wirklichkeit. Weiterhin interessiert mich das Verhältnis zwischen Betrachter und Bild. Das perspektivische Bild wird seit den Schriften über die Zentralperspektive von dem Renaissancetheoretiker Leon Battista Alberti als Fenster und somit als distanzierendes Mittel zwischen Welt und Betrachter verstanden. Diese Ausgrenzung des Betrachters will ich verdeutlichen durch die Abgeschlossenheit des Objekts, welches nur durch diverse Gucklöcher einsehbar ist. Auch hier findet eine Umkehrung statt, diesmal zwischen Betrachter und Welt.